Keine Reaktivierung der historischen oberhessischen Bahnstrecke Lich – Butzbach geplant
Hahn: „Die derzeitige Schienen-Infrastruktur in Hessen ist ausbaufähig, auch für den Güterverkehr“
Im Mai 1961 fuhr der letzte Zug vom Bahnhof Lich-Süd Richtung Butzbach ab. Der Abschnitt zwischen Lich und Hof-Güll wurde kurze Zeit später komplett demontiert, ein Teil der Strecke versank sogar in den Peterseen bei Lich. 1985 wurde zunächst der Bahnabschnitt Höf-Güll – Muschenheim – Trais und einige Monate später auch der Abschnitt Münzenberg – Trais stillgelegt. Auf dem Teilabschnitt Bad Nauheim – Münzenberg betreiben die Wetterauer Eisenbahnfreunde seit vielen Jahren eine Museumsbahn und auch Güterverkehr. Hiervon konnte sich der Wetterauer FDP-Landtagsvizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn vor Monaten vor Ort informieren. Nunmehr hat er diese historische Zugstrecke zum Thema im Landtag gemacht und auf seine insgesamt sieben Fragen Antworten von der schwarz-grünen Landesregierung um den zuständigen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) erhalten.
Auf die Fragen des ehemaligen Justizministers Hahn, wie sich das Land dafür einsetzt, dass diese historische Bahnstrecke nicht in Vergessenheit gerät und ob Teile der Strecke und Bahnhofsgebäude noch im Besitz des Landes Hessens sind, antwortete der grüne stellvertretende Ministerpräsident, dass die noch betriebenen Strecken der ehemaligen Butzbach-Licher Eisenbahn (BLE) zwischen Pohl Göns und Münzenberg sowie zwischen Griedel und Bad Nauheim Nord derzeit im Eigentum der HLB Basis AG stünden. Unterlagen von Behörden zur Genehmigung, dem Betrieb und der abschnittsweisen Stilllegung würden in den Beständen des Hauptstaatsarchivs Wiesbaden, dem Staatsarchiv Darmstadt und bei der HLB Basis AG verwahrt.
Wie aus der Antwort zudem hervorgeht, seien die Strecken zwischen Butzbach Ost (Kreisel) und Münzenberg bzw. Griedel und Bad Nauheim Nord von der HLB Basis AG seit dem Jahr 2003 an die Eisenbahnfreunde Wetterau (EFW) verpachtet. Nach Angaben der HLB Basis AG werde diese die betriebsnotwendigen und bislang an die EFW verpachteten Bahngrundstücke inklusive aller Anlagenkurzfristig an die EFW verkaufen. Das einzige noch im Eigentum der HLB Basis AG befindliche Empfangsgebäude befinde sich in Butzbach Ost und werde nach zwischenzeitlicher Vermietung an die Stadt Butzbach zukünftig wieder durch die HLB genutzt.
Der FDP-Politiker Hahn hatte auch gefragt, wie die Landesregierung das Engagement der Wetterauer Eisenbahnfreunde bewertet und unterstützt. Hierauf antwortete Verkehrsminister Al-Wazir, dass Vereine und ehrenamtliche Tätigkeiten im Allgemeinen und ebenso die Tätigkeit der EFW im Speziellen ein wesentlicher Beitrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft seien. Für die Instandhaltung und Instandsetzung der Eisenbahninfrastruktur sei den EFW in den Jahren 2004 bis 2008 über die HLB im Rahmen des seinerzeit geschlossenen Vertrages zwischen HLB und EFW ein Zuschuss von insgesamt 60.000 € gezahlt worden.
„Nur durch wertvolles Engagement der Eisenbahnfreunde rollen auf dem stillgelegten Teilabschnitt noch immer hin und wieder ein Zug. Es ist wichtig, dass die Politik eine solche außergewöhnliche Arbeit wertschätzt und fördert. Es irritiert mich, dass es offenbar seit dem Jahr 2008 keine nennenswerte Förderung des Landes für diesen Verein gegeben hat“, stellt Hahn fest.
Auf die Frage, inwiefern es Überlegungen des Landes gebe, die gesamte Bahnstrecke oder Teilabschnitte künftig zu reaktivieren und wieder für den Güter- oder Personenverkehr zu nutzen, gab Al-Wazir bekannt, dass dem zuständigen Rhein-Main-Verkehrsverbund keine Untersuchungen zu den benannten Strecken vorlägen und auch keine konkreten Bestrebungen bekannt seine, die eine Reaktivierung der Gesamtstrecke oder von Teilstrecken der ehemaligen BLE für den Personennahverkehr vorsähen. Ergänzend habe die HLB Basis AG erläutert, dass durch die Parallelführung der Eisenbahnstrecke zur Main-Weser-Bahn Frankfurt-Gießen-Kassel und die ungünstigen Bedingungen für die Einbindung in das übergeordnete Netz in den Bahnhöfen Bad Nauheim und Butzbach eine Reaktivierung für einen Personennahverkehr auf der Schiene nicht geplant sei.
Die EFW führen laut Al-Wazir auf dem Abschnitt Münzenberg-Griedel-Butzbach einen regelmäßigen Güterverkehr durch die Verladung von Stammholz auf dem Bahnhof Münzenberg durch. Darüber hinausgehende Bemühungen zur Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene seien in der Vergangenheit jedoch weitgehend erfolglos geblieben.
„Neben einer guten Straßeninfrastruktur kann auch die mögliche Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene ein entscheidender Standortfaktor sein. Die derzeitige Schienen-Infrastruktur in Hessen ist ausbaufähig, auch für den Güterverkehr. Schon heute weisen Experten auf den kombinierten Verkehr als Lösungsweg hin. Es gilt, die Vorteile von Schiene und Straßen bei Zunahme der Handelsströme und somit des Güterverkehrs zu verbinden. Lösungen dürfen nicht durch die Landesregierung verschlafen werden“, so der FDP-Politiker Hahn abschließend.